Beethoven im Slum  

Die Jugendlichen leben in Tondo, dem größten Slum Manilas. Sie möchten so gut spielen lernen, wie die Musiker in den großen Orchestern der Welt. Ein italienischer Violinist unterstützt sie. Seine Motivation: ein Gleichnis aus der Bibel.

missio Aachen

Text & Video: Bettina Tiburzy / missio

Fotos: Hartmut Schwarzbach / missio

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Sie leben in Tondo, im größten Slum Manilas. Sie lieben klassische Musik. Vincent, May, Antoinette, Leveny und die anderen Jungmusiker des Tondo Chamber Orchestras.

Der italienische Profimusiker Giovanni Bobisse hat es vor zwei Jahren gegründet. Im Jugendzentrum der katholischen San-Pablo-Gemeinde proben die Jugendlichen seither jeden Tag, außer sonntags. Es ist ein sicherer Ort, weg von Drogen, Kriminalität und Jugendgangs, die den Alltag im Slum bestimmen.

In den Slums der philippinischen Hauptstadt drängen sich ganze Familien in einem winzigen Zimmer oder in einer Hütte aus Brettern  und Plastikfolie. Das Viertel im Nordwesten Manilas ist eines der ältesten Siedlungsgebiete der Stadt und gehört heute zu einem der am dichtesten besiedelten Gebiete der Welt.



Die wunderbare Talentvermehrung

Giovanni Bobisse stammt aus einer italienischen Familie von Orchestermusikern. In Manila arbeitet der 38-Jährige als Musiklehrer an der “International School Manila”. Vor zwei Jahren hatte er eine Idee. Er wollte Jugendliche aus einem Slum für klassische Musik begeistern und ein Orchester gründen. 

Ein Orchester ins Leben zu rufen, ist eine Riesenaufgabe: Instrumente organisieren, Eltern überzeugen und einen Ort zum Proben finden. Viele hatten ihre Zweifel daran, dass es gelingen könne. Doch Giovanni ließ sich nicht beirren.

Gerne verweist er auf das Gleichnis der wunderbaren Brotvermehrung. „Ich schaue auf das, was möglich ist. Ich bin Violinist. Ich habe kein Geld, das ich teilen kann, aber mein Können. Ich will die Jugendlichen durch Musik stark machen“, erklärt er seine Idee.

Giovannis Ehefrau, Gemma Rosales-Bobisse, hält den Kontakt zu den Familien. Jeden Samstag trifft sich die Sozialarbeiterin und Laienmissionarin mit den Eltern. Kleinere Probleme ließen sich oft einfach lösen, erklärt sie, denn die Pfarrei San-Pablo sei gut vernetzt. So könnte beispielsweise medizinische Behandlung über die Canossa-Schwestern organisiert werden, die nahe der Pfarrei ein Krankenhaus betreiben. 

Ein italienischer Pfarrer in Tondo

Seit 2007 leitet Pater Carlo Bittante die Pfarrei San Pablo in der dicht besiedelten Hafengegend. 100.000 Menschen gehören zu seiner  Gemeinde, 30.000 davon leben in provisorisch errichteten Hütten.

Besonders stolz ist der 61-jährige Missionar auf das Jugendzentrum der Gemeinde mit Computerräumen und einer großen Halle, wo die Jugendlichen Sport treiben. Hier probt auch das „Tondo Chamber Orchester“

Pater Carlo und sein Team von Priestern, Ordensleuten und Katechisten helfen, wo sie können. Ein Netzwerk Kleiner Christlicher Gemeinschaften unterstützt sie. Die Pfarrei organisiert Familienberatung und ein Ernährungsprogramm für Kinder.

Ein Stipendienprogramm hat bereits 1200 Kindern geholfen, das College zu besuchen und viele haben danach eine gute Arbeit gefunden. „Vielleicht sind all diese Initiativen nur Tropfen im weiten Ozean“, sagt Pater Carlo. „Doch trotz allem sind sie Zeichen der Hoffnung und ermöglichen einigen eine bessere Zukunft.“

Die meisten Bewohner Tondos leben von Gelegenheitsjobs, als Tagelöhner, Rikscha-Fahrer oder Wäscherinnen. Viele arbeiten auch als Seeleute oder Bauarbeiter im Ausland und schicken ihren Familien Geld.

Giovanni, seine Frau Gemma und Pater Carlo möchten die Talente der Kinder fördern. “Education through Music”, Bildung durch Musik, so erklärt Giovanni seinen Ansatz.


Die Kinder lernen die klassischen Musikinstrumente spielen. Aber das ist längst nicht alles. Sie erfahren, dass sie mit Disziplin, Fleiß und Leidenschaft etwas erreichen können. Und dass die Gemeinschaft sie stark macht. Alles Erfahrungen, die ihnen im rauen Slum-Alltag helfen werden, eine bessere Perspektive für ihre Zukunft zu finden.

Ausschau halten nach Profimusikern 

Die Jugendlichen hoffen auf Profimusiker, wie Giovanni, die nach Manila kommen und sie unterrichten. Im vergangenen Jahr kam ein japanisches Orchester und trat mit den Jungen und Mädchen auf. Eine tolle Motivation. Jetzt hofft Giovanni und das Tondo Chamber Orchestra auf Besuch aus Deutschland.

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Beethoven im Slum  
  1. Section 1
  2. Section 2
  3. Die wunderbare Talentvermehrung
  4. Section 4
  5. Section 5
  6. Section 8
  7. "Education through Music"
  8. Ausschau halten nach Profimusikern